Weihnachten – das Fest der Liebe – steht vor der Tür. Alle Jahre wieder ist Weihnachten ein sensibles Datum, an dem sich manch einer fragt, warum er mit seinem Partner nicht glücklich ist oder warum im eigenen Leben der Partner für eine Liebesbeziehung fehlt.
Die meisten Menschen, die ich kenne, wünschen sich diesen einen Gefährten an ihrer Seite. Sie wollen nicht nur Freunde, Kinder, Verwandte, Kollegen, Bekannte oder Leute in sozialen Netzwerken kennen, mit denen virtuell kommuniziert wird oder Seifenoperndarsteller als Ersatzfamilie wie z. B. in der ‚Lindenstraße‘. Der Wunsch nach einem ganz realen Menschen aus Fleisch und Blut, einem erwachsenen Gegenüber, einer Gefährtin oder einem Gefährten scheint sehr verbreitet. Der Wunsch nach einem Partner, mit dem Freuden und Anforderungen des Lebens geteilt werden können, der einen gut behandelt und dem vertraut werden kann. Der Partner soll verstehen. Mit ihm soll das Leben mehr Spaß machen als allein und auch eine gemeinsame Zukunft nach den eigenen Vorstellungen soll möglich sein.
Doch häufig gehen Wunscherfüllung und Realität in zwei verschiedene Richtungen. Oft dauern die glücklichen Zeiten eines Paares nicht länger an als das Stadium der Verliebtheit. Doch gerade nach dieser ersten Phase des Zusammenkommens und den hochfliegenden Träumen wird es doch erst richtig interessant.
Jetzt ist Persönlichkeit gefragt. Jetzt zeigt sich, was bisher gelernt wurde und wie nützlich das eigene Repertoire zum Führen einer harmonischen Partnerschaft ist. Was tun Sie, wenn sich der Mensch, in den Sie sich verliebt haben, Seiten offenbart, die Ihnen nicht gefallen?
Wie verhalten Sie sich, wenn Sie feststellen, dass Ihr Traumpartner Ihre Interessen nicht teilt und sich z.B. am Wochenende nicht gern in der Natur aufhält, um sich zu entspannen, sondern lieber mit seinen Freunden Sport macht? Wie reagieren Sie, wenn von Ihnen erwartet wird, mehr Zeit gemeinsam zu verbringen und Sie sich eingeengt oder bevormundet fühlen?
Wie gehen Sie mit Interessenkonflikten um? Sortieren Sie das Kriegsmaterial und rüsten sich für den Kampf der Geschlechter oder suchen Sie nach Kompromissen? Neigen Sie eher zum Rückzug? Gehen in die innere Emigration und kochen Ihr eigenes Süppchen im Verborgenen? Oder wechseln Sie lieber gleich den Spielplatz und suchen sich einen neuen Spielgefährten oder eine neue Spielgefährtin in der Hoffnung, dass es beim nächsten Mal bestimmt besser läuft? Oder haben Sie möglicherweise den Glauben, jemanden zu finden, der zu Ihnen passt, aufgegeben und arrangieren sich mehr oder weniger resigniert mit Umständen, die ihnen nicht wirklich zusagen? Oder haben sich direkt fürs Alleinbleiben entschieden?
Meine sehr geschätzte Lehrerin Byron Katie pflegt zu sagen: „Menschen lieben nicht. Sie wollen etwas.“
Diese Aussage bewahrheitet sich in der Regel, sobald unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen. Zumeist hat uns der Geliebte nur solange gern, bis wir etwas von ihm wollen, was ihm nicht gefällt. Dann verflüchtigen sich die Gefühle von Verliebtheit oder Zuneigung möglicherweise ganz schnell.
In solchen Momenten kann es helfen, sich bewusst zu machen, dass Liebe weniger ein Gefühl, sondern mehr eine Haltung ist. Liebe scheint eher ein Persönlichkeitsmerkmal, eine Fähigkeit oder eine Eigenschaft zu sein, über die jemand verfügt, als der Rausch von Gefühlen, auch wenn wir die Liebe in unseren Herzen f ü h l e n .
Solange Liebe an Erwartungen und Bedingungen geknüpft ist, wird der Partner dazu funktionalisiert, die eigenen Wünsche zu erfüllen, was auf Dauer unmöglich funktionieren kann. Es spricht sich ja zum Glück auch immer mehr herum, dass der Traum von der romantischen Liebe eine Seifenblase ist, die platzen muss, weil ihr Inhalt Illusionen sind. Bei der romantischen Liebe folgen auf die Verliebtheitsphase, die von der Idealisierung des angebeteten Menschen geprägt ist, Ernüchterung und Enttäuschung, wenn offensichtlich wird, dass der Partner nicht den eignen Idealvorstellungen entspricht. Diese unrealistischen Erwartungen an den Partner müssen zwangsläufig ent-täuscht werden, weil sie auf einer Täuschung beruhten.
Doch unter welchen Umständen kann denn dann eine Liebesbeziehung überhaupt gelingen? Wir haben doch alle Vorstellungen, denen der Partner entsprechen soll. Die Antwort ist vielleicht zu einfach, um angenommen zu werden.
Eine Liebesbeziehung hat gute Chancen, wenn sich beide Partner der Liebe hingeben.
Damit ist die Hingabe an das eigene Herz und die eigene Liebesfähigkeit gemeint, was mit einer Bewegung nach Innen verbunden ist. Wenn beide Partner so vorgehen, stehen die Liebe selbst und die Kraft der Liebe im Mittelpunkt der Verbindung der Liebenden. Dann ist die Maxime des Handelns die Liebe und nicht allein die Bedürfnisbefriedigung. Entscheidungen können danach getroffen werden, ob ein Verhalten liebevoll ist – liebevoll für beide. Damit wird erschwert, die eigenen Interessen auf Kosten des anderen durchzusetzen, was in der Regel nur als Bumerang zurückkommt.
Um in einer Liebesbeziehung mit einem Partner die Hingabe an die Liebe leben zu können, braucht es die Selbstliebe. Wer sich dem eigenen Innern zugewendet und lernt, sich selbst zu lieben, kann diese Liebe auch seinem Partner geben. Und letztendlich ist es doch so, dass nur die Liebe, die Sie in sich spüren, Sie innerlich reich macht und Ihnen ein Gefühl von Glück und Erfüllung gibt.
Sich selbst zu lieben und die Liebe in Ihrem Innern zu fühlen, können Sie üben. Sich selbst zu mögen und sich selbst liebevoll zu behandeln, ist gar nicht so schwierig. Wenn Sie sich Aufmerksamkeit schenken, nehmen Sie ihre Bedürfnisse wahr und können sich ihre Wünsche selbst erfüllen. Das fängt mit ganz kleinen Dingen an wie z.B. zu schlafen, wenn Sie müde sind und sich immer wieder auch im Stress die entscheidenden Fragen zu stellen wie z.B.: ‚Was würde mir jetzt gut tun?‘ oder ‚Was würde mir gerade Freude bereiten?‘ Immer wenn Sie sich offen der Gegenwart – dem aktuellen Moment – zuwenden und in Ihre Wahrnehmung und Ihr Gefühl gehen, begegnen Sie sich selbst in Ihrem Innern.
Dann können Sie in Ihr Herz spüren und die Liebe in Ihrem Herzen wahrnehmen.
Sich selbst zu lieben, heißt, sich richtig gern zu haben mit allen Anteilen: sowohl den hellen Licht- als auch den Schattenseiten. Wer sich mag, ehrlich und gütig zu sich selbst ist und sich gut findet, bringt die besten Voraussetzungen für eine Liebesbeziehung mit. Mit einer zweiten Person Harmonie herzustellen, ist nicht so leicht, wie mit sich selbst in Harmonie zu sein. Wenn zudem der andere Mensch, mit dem die Liebe gelebt werden möchte, ein anderes Geschlecht hat, ist dies wegen geschlechtsbedingter Verschiedenheit eine weitere Herausforderung. Ohne eine gute Beziehung mit sich selbst zu haben, kann es logischerweise gar nicht möglich sein, mit anderen Menschen gute Beziehungen zu führen.
Sich selbst zu lieben, befähigt dazu, einen Partner – den Geliebten – zu respektieren, anzuerkennen, wertzuschätzen und liebevoll zu behandeln. Soweit – soviel zur einfachen Theorie. Die Umsetzung dessen ist vielleicht eine Lebensaufgabe, die immer wieder überraschende Wendungen bereit hält und es nie langweilig werden lässt.
Ich wünsche Ihnen noch viele, angenehme, freudvolle Stunden im Advent, glückliche Weihnachtstage und eine entspannte, lichtvolle und zufriedene Zeit im Kreis Ihrer Lieben – zwischen den Jahren und im neuen Jahr 2012. Ganz besonders wünsche ich Ihnen eine gute Zeit mit sich selbst und
glückliche Stunden im Bei-sich-Zuhause-SEIN.