Nun bin ich sehr gespannt, ob Du nach dieser Überschrift überhaupt noch weiterlesen magst. In der Regel beschäftigen sich Menschen mit Trennungen durch schwere Unfälle bzw. den Tod erst dann, wenn sie selbst betroffen sind. Grundsätzlich ist das ja auch okay. Und nicht immer ist es der Tod, der Liebende trennt. Endgültige Trennungen können auch durch Auswandern, Umsiedeln, politische Entscheidungen wie z.B. ‚die Mauer‘ im Nachkriegsdeutschland und freie Willensentscheidung ausgelöst werden. Sich auf abrupte Abschiede und die danach eintretende Trauer vorzubereiten, ist genauso wenig möglich, wie die eigene Gefühlswelt vor der Trauer zu schützen.
Heute wenden wir uns jedenfalls diesem nicht so leichten Thema zu mit der Absicht, Licht ins Schattenreich zu bringen, Ängste zu lösen und Betroffenen Mut zu machen. Der mit dem Tod verbundene Verlustschmerz wird so sehr gefürchtet, dass er in unserer Gesellschaft an den Rand, hinter Mauern und völlig aus dem Blickfeld weggesperrt wurde. Viele Menschen leben so, als gäbe es Verlieren, Getrennt werden und den Tod gar nicht. Tod und Sterben werden so behandelt, als würden sie gar nicht zum Leben dazugehören. Wenn es dann zu plötzlichen oder auch sich langsam anbahnenden, endgültigen Abschieden kommt, ist das häufig ein Auslöser für ein anhaltende Lebenskrise mit Depression und/oder körperlichen Erkrankungen.
„Solange ein Mensch noch lebt, denkst Du nicht, dass er sterben könnte.“ Zitat
Diesem Trugschluss erliegen die meisten, weshalb wir uns diesen Satz einmal auf der Zunge zergehen oder ins Herz sinken lassen sollten. Ja, es ist nicht zu verstehen. Wenn ES passiert, wenn der Abschied vollzogen wird, gibt es keine weitere Möglichkeit mehr, miteinander zusammen zu sein: Kein Wiedersehen, kein Wiederhören, Riechen, Fühlen, Sprechen, zusammen Lachen, Essen, Feiern, Meinungsverschiedenheiten austragen, sauer aufeinander sein, Quatsch machen und so vieles mehr. Wenn das Schicksal entscheidet und die gemeinsame Zeit endet, bleiben nur noch die Erinnerungen: Das liebevolle Gedenken gemischt mit Trauer, Sehnen und im fortgeschrittenen Stadium die Dankbarkeit für das zusammen Erlebte.
Auch wenn sich stets Gründe finden lassen, gibt es bei Trennungen manchmal nichts zu verstehen. Das Leben setzt einfach ein Zeichen. Die Handschrift des Schicksals wirft den vom Verlust geliebter Menschen Betroffenen komplett auf sich selbst zurück. Bei der Bewältigung solcher einschneidender Erfahrungen helfen keine gut gemeinten Ratschläge oder Beschwichtigungsbemühungen wie z.B.: „Die Zeit heilt alle Wunden“ oder: „Es ist doch besser so“. Ein Verlust – und das können der Partner, das eigene Kind, ein Enkelkind, ein Elternteil, der Freund, die Freundin, Geschwister oder jede wichtige Bezugsperson wie z.B. auch Kollegen am Arbeitsplatz sein: Der Verlust wiegt so schwer, wie er vom Trauernden empfunden wird.
Das Verlieren, Vergehen und Enden sind nicht leicht zu akzeptieren. Vor allem der Tod von Kindern, langjährigen Partnern und engen Bezugspersonen bedeutet für die Hinterbliebenen eine absolute Grenzerfahrung. Das Annehmen des Unannehmbaren und das bewusste Akzeptieren sind der einzige Weg, loslassen zu lernen, angemessen weiterzuleben und sich dem Leben wieder neu öffnen zu können. Den Trennungsschock und die nachfolgenden, nur schwer zu beschreibenden Prozesse und Schmerzen zu überwinden, braucht Zeit. Die Hilflosigkeit, oft auch Schuldgefühle und Verzweiflung können sehr intensiv sein und über Wochen, Monate und auch Jahre andauern.
Wie können Trauernde den Mut zum Weiterleben finden?
Häufig ist es sinnvoll, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. In der Regel zeigt sich der Freundeskreis schnell überfordert und kann nicht nachvollziehen, welche bedeutsamen und gravierenden Veränderungen in der Innenwelt Betroffener stattfinden. Es braucht vor allem Zeit und Geduld, sich umzustellen. Die „Unzumutbarkeit“ der neuen Lebenssituation kann nur schrittweise und in Portionen, die verdaulich sind, akzeptiert werden. So ist es dann nach und nach möglich, neuen Mut zu fassen, was immer auch mit der Entscheidung verbunden ist, loslassen zu WOLLEN. Die richtigen Fragen zu stellen wie z.B.: ‚Was kann ich dieser Situation Besonderes lernen und entwickeln?‘, ist sehr nützlich. Dann können die Heil- und Erneuerungskräfte des Lebens besser wirken, so dass wieder Vertrauen in die Zukunft entstehen kann.
Manchmal helfen auch Treffen mit Menschen, die Ähnliches erlebt haben. In Trauer- und Selbsthilfegruppen besteht die Möglichkeit, verstanden zu werden, ohne viel erklären zu müssen. Bei diesen Treffen mit „Gleichgesinnten“ hängt es allerdings sehr von der Gruppenleitung ab, ob sich die Teilnehmer gegenseitig unterstützen und nähren oder zugelassen wird, dass einzelne Teilnehmer die anderen mit ihrer Bedürftigkeit und Schwere noch zusätzlich belasten.
Letztendlich steht bei schwerwiegenden Verlusten an, den Abschied anzunehmen und so zu integrieren, dass er als Puzzleteil der eigenen Lebenserfahrung akzeptiert ist. Wie weit fortgeschritten Betroffene auf diesem Weg sind, merken sie z.B. daran, wie frei und offen sie mit anderen über ihre Grenzerfahrung sprechen können. Menschen, die diese Schulklasse des Lebens „absolviert“ haben, sind durch diese Erlebnisse von Leid und Trauer in jedem Fall veränderte Menschen geworden. Den Verlust überlebt und bewältigt zu haben, erlaubt einen neuen, tieferen Blick ins Leben selbst und macht sensibel für das Wesentliche.
Wer sich fürs Überleben und Weiterleben entschieden hat und sich dem Leben wieder neu öffnet, wird reich belohnt. Als ein etwas anderer Mensch, der bewusster, achtsamer, stärker, einfühlsamer, liebevoller und tiefgründiger geworden ist, findet er auf unbekannten Wegen zurück ins Leben, das auf besondere Weise neu, erweitert und erfüllt ist.
In der Erfahrung von Trauer und Verlusten verbirgt sich eine besondere – heilige – Kraft: Die Transformationskraft. Das Wort ‚heilig‘ bzw. ‚heil‘ verstehe ich als ‚ganz‘, der Ganz- und Heilwerdung dienlich. Diese Kraft hat das Potential, uns grundlegend zu verändern und zu transformieren. Die Transformationskraft hebt Dich, indem sie Dich radikal vom Alten trennt, auf eine höhere Bewusstseinsebene. Hier – in Deinem neuen Leben – kannst Du mehr Du selbst sein und Dein wahres Wesen leben!
Mit allerherzlichsten Grüßen
Eure Regine Göttert
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Diesen Text schrieb Dipl. Psych. Regine Göttert © – www.regine-goettert.de – Psychotherapie/Coaching/Spiritualität.
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